Für eine sozial gerechte und nachhaltige Finanzpolitik
Die Steuer- und Finanzpolitik ist ein Schlüsselinstrument für unser Gemeinwesen, um Klima- und Umweltschutz zu stärken, soziale Gerechtigkeit zu fördern und um den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Übergang in eine klimaneutrale Zukunft mitzugestalten. Mit Steuern werden Aufgaben finanziert, die im Interesse der Gemeinschaft für ein gutes Leben sind, wie die Wärme- und Verkehrswende und eine nachhaltige Energieversorgung.
Zwischen ökologischer Transformation und sozialem Ausgleich: Wer trägt die Kosten?
Ich möchte ein gerechtes Steuersystem, in dem der Staat mehr Geld für Zukunftsinvestitionen hat, um auf die verschärften sozio-ökonomischen und ökologischen Krisen angemessen reagieren zu können – für Chancengerechtigkeit und gute Bildung für alle Kinder und für eine intakte Umwelt, von der alle Menschen profitieren.
Gelingender gesellschaftlicher Zusammenhalt ist kein Selbstläufer.
Unser Steuersystem beruht auf dem Grundprinzip der Leistungsfähigkeit. Menschen mit hohen Einkommen sollen demnach nicht nur einen höheren Betrag, sondern auch einen höheren Anteil ihres Einkommens zum staatlichen Steueraufkommen leisten.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen: Das Gefühl, es gehe bei der Verteilung von wirtschaftlichen Gewinnen und Erwerbseinkommen nicht gerecht zu, ist zu einem Risikofaktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt geworden. Unsere staatliche Finanzpolitik und das Steuersystem können für einen Ausgleich sorgen. Die Frage nach den richtigen Maßnahmen bleibt eine dauerhafte Kontroverse. Deshalb ist mir wichtig, meine Arbeit zu Gerechtigkeit und Steuern auch aus dem Bundestag heraus in die Öffentlichkeit zu tragen, um das Verständnis für das Thema in der Bevölkerung langfristig zu erhöhen. Das ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit die Zukunft unserer Demokratie von Bedeutung. Im Fokus meiner Arbeit stehen sowohl Aspekte der Steuerpolitik als auch der Finanzpolitik.
Kernthemen in der Steuerpolitik
- Eine Reform im Steuersystem, mit der hohe Einkommen und große Vermögen nicht weiter begünstigt werden und eine gerechtere Verteilung zwischen den Einkommensgruppen gesichert wird, damit die Vermögenskonzentration am oberen Ende und weniger Prekarisierung am unteren Ende der Einkommens-Hierarchie verringert werden.
- Mehr Geschlechtergerechtigkeit, damit eine eigenständige Existenzsicherung als Basis für selbstbestimmtes Leben für alle möglich ist: Eine Lohn- und Einkommensteuer, die Frauen nicht weiter benachteiligt und geschlechterungleiche Rollenzuweisungen nicht weiter fortschreibt.
- Eine gerechte Familienförderung, die vielfältige Familienformen gleichberechtigt anerkennt und eine Entlastungspolitik, die bei den finanziell Schwächeren in der Gesellschaft zuverlässig ankommt.
- Eine gerechte Besteuerung der breiten Mitte der Gesellschaft, die hauptsächlich von ihrem Arbeitseinkommen lebt
- Einen umfassenden Abbau umweltschädlicher Steuern und Subventionen. Das bedeutet eine Umsetzung sozial gerechter ökologischer Finanzreformen, die den Klimaschutz und die Reduzierung des Raubbaus an der Natur unterstützen.
- Mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Einkommensteuerrecht, damit für Bürger*innen das Steuersystem keine Blackbox ist und wir die Compliance erhöhen.
Ausgewählte Schwerpunkte
Mehr Geschlechtergerechtigkeit im Steuerrecht
Die Ausgestaltung der Besteuerung ist keineswegs geschlechtsneutral. Auch wenn beispielsweise das Einkommensteuergesetz geschlechtsneutral formuliert ist, wirkt sich heute faktisch die Besteuerung jedoch aufgrund der unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen und Männern ungleich aus.
„Gleichberechtigung von Frauen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Staatsziel, das den Staat verpflichtet, aktiv Schritte in die richtige Richtung zu machen. Ich möchte, dass wir der Geschlechtergerechtigkeit im Steuerrecht endlich eine Priorität einräumen.“
Geschlechtergerechtigkeit im Steuerrecht bedeutet substanziell gleiche Chancen für Frauen und Männer – trotz bestehender Differenzen in Bezug auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse, familiäre Rollenverteilungen, Erwerbsstrukturen etc. Eine solche Chancengleichheit beinhaltet die Möglichkeit, Steuervergünstigungen tatsächlich in Anspruch nehmen zu können. Allerdings wird der Zugang zu Steuervergünstigungen nicht nur durch Erwerbsstrukturen, sondern ebenso durch geschlechtsbezogene Einkommensdifferenzen beeinflusst. Der Staat sollte deshalb auch dafür sorgen, geschlechtsbezogene Einkommensdifferenzen über die Besteuerung zu reduzieren.
„Wir werden darauf pochen, dass künftige Gesetzesänderungen bereits vorhandene strukturelle Ungleichheit zwischen den Geschlechtern nicht weiter bestärken, sondern den sozioökonomischen Lebensrealitäten von Frauen und Männern gerecht werden.“
Gleichstellung der Geschlechter im Steuerrecht
Nach wie vor fehlt die ausreichende Analyse der geschlechtsbezogenen Verteilungs- und Anreizwirkungen – trotz der Pflicht, diese in der gleichstellungsorientierten Gesetzesfolgenabschätzung zu prüfen. Die Wirkungen von Steuern auf Geschlechterverhältnisse können stärker berücksichtigt werden – es braucht Steuerstatistiken, die die Einkommensarten und Steuervergünstigungen nach Geschlecht aufschlüsseln.
„Wir müssen die Datenlage zur Verteilung von Vermögen und Vermögenseinkommen und zur geschlechtsspezifischen Wirkung steuerpolitischer Maßnahmen verbessern.“
Wie können konkrete Maßnahmen im Einkommensteuerrecht aussehen? Steuervergünstigungen wirken anders, wenn sie als Ermäßigung der Steuerschuld oder Steuervergütung gewährt werden. Wir können positive Erwerbsanreize für Frauen schaffen, die Entfernungspauschale geschlechtergerecht reformieren, eine solidarische Finanzierung für eine gute und umfassende Kinderbetreuungsinfrastruktur insbesondere für Teilzeitbeschäftigte garantieren und steuerlich berücksichtigen, die Steuerklasse V als mittelbare Diskriminierung abschaffen, um niedrigen Lohnersatzleistungen entgegenzuwirken.
„In der 20. Wahlperiode habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir die Lohnsteuerklassen III und V in die Lohnsteuerklassen IV/ IV mit Faktorverfahren überführen – das scheiterte an dem von der FDP provozierten Koalitionsbruch.“
Eine gleichberechtigte Familienpolitik
Die finanzielle Existenzsicherung von Kindern durch unseren Wohlfahrtsstaat erfolgt aktuell durch den dualen Familienleistungsausgleich. Das soll den Mehraufwand ausgleichen, der Familien durch Kinder entsteht, und damit die wirtschaftlichen Nachteile, die Eltern gegenüber Menschen ohne Kinder belasten, kompensieren. Die grundlegende Versorgung des Kindes setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: den steuerlichen Freibeträgen sowie dem Kindergeld.
Für Eltern ohne oder mit nur geringem Einkommen ist das Kindergeld eine Sozialleistung, die das Zusammenleben mit Kindern fördern soll. Zugleich wird mit dem Kindergeld weitgehend sichergestellt, dass das Existenzminimum des Kindes steuerfrei bleibt. So verlangt es auch das Bundesverfassungsgericht.
„Ich habe beharrlich und erfolgreich für die Anhebung des Kindergeldes gekämpft.“
Das Kindergeld beträgt 255 Euro für jedes Kind – und die Höhe des Kindergeldes ist unabhängig von Einkommen und Vermögen der Eltern. Das heißt: Jeder berechtigte Haushalt erhält das Kindergeld in gleicher Höhe ausgezahlt. Es profitieren vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen, die nur wenig steuerliche Entlastung durch die steuerlichen Freibeträge erhalten würden.
„Ich möchte, dass wir die bestehende Differenz zwischen Kindergeld und maximalem Entlastungsbetrag sukzessiv beseitigen.“
Haben Eltern durch die Nutzung des Kinderfreibetrages mehr Anspruch als durch das Kindergeld, berücksichtigt das Finanzamt das bei der Einkommensteuererklärung zugunsten der Eltern. Neben dem Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum, also für die unmittelbaren Sachausgaben für ein Kind, ist der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf vorgesehen. Wegen der progressiven Einkommensbesteuerung erwirken Steuerfreibeträge für familiale Leistungen, dass gerade besonders hohe Einkommensgruppen von den familialen Freibeträgen profitieren. Die Schere zwischen Kindergeld und Reichensteuerentlastung von absoluten Zahlen hat sich seit 2022 - also dem Beginn der 20. Wahlperiode – um 93 Euro weiter geöffnet.
„Soziale Ungleichheit wird durch die Steuerfreibeträge unterstützt – entlang der Einkommensstärke steigt die staatliche Unterstützung, die Eltern für ihre Kinder erhalten.“
Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist im Grundgesetz verankert – jedoch in vielen Lebensbereichen nicht erreicht. Väter verdienen nach wie vor mehr als Mütter. Daher kommen die Steuervergünstigungen infolge kindesbedingter Freibeträge im Einkommensteuerrecht häufiger ihnen mehr zugute als den Müttern.
Wir müssen die realen Bedarfe von Familien ernst nehmen und soziale Ungleichheit abbauen. Daher sollten wir die Höhe des Kinderfreibetrags überprüfen, soweit er besser- und hochverdienende Familien übermäßig begünstigt. Für das sächliche Existenzminimum gibt es ein etabliertes und sachgerechtes Verfahren.
Es handelt sich beim Familienleistungsausgleich um eine relevante Grundsatzdiskussion, die auch mich bewegt. Familien sind allerdings nicht nur auf monetäre Unterstützung angewiesen, sondern auch auf infrastrukturelle Angebote: ein verlässliches und gutes Betreuungsangebot für Kinder, flexible Arbeitszeitmodelle und Akzeptanz und Ermöglichung von Care-Arbeit unabhängig von Geschlecht, eine Ausweitung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen sowie eine Reform des Ehegattensplittings.
Finanzielles Wohlergehen für Familien mit Kindern sichern
Wir haben starke finanzpolitische Hebel für eine gleichberechtigte Familienpolitik in der Hand. Meine Arbeit als Finanzpolitiker stütze ich auf den Prinzipien in unserem Grünen Grundsatzprogramm:
„Durch zahlreiche Regelungen im Steuer- und Sozialrecht wird eine ungleiche Aufteilung von Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern gefördert. Statt den Trauschein zu fördern, soll für künftig geschlossene Ehen eine individuelle Besteuerung gelten.“
Das Ehegattensplitting soll durch eine gezielte Förderung von Kindern und Familien, in ihren unterschiedlichen Formen, ersetzt werden. Das Steuer-, das Arbeits- und das Sozialrecht müssen auf gleichen Rechten beruhen und geschlechtsneutral wirken. Sie sollen stärker an ökonomischer Unabhängigkeit ausgerichtet werden. Erwerbstätigkeit soll sich für alle gleichermaßen lohnen. Es gibt Instrumente zur Existenzsicherung von Kindern über das Steuerrecht hinaus wie das Elterngeld, Wohngeld und Unterhaltsvorschüsse.
Hier erfahrt ihr mehr über meine Forderungen zur Entlastung von Ein-Eltern-Familien (Alleinerziehende).
Hohe Ungleichheit bei der Vermögensverteilung in Deutschland
Unser Steuersystem versagt ausgerechnet bei den Superreichen. Änderungen bei der Besteuerung von Arbeitseinkommen, insbesondere unsere Kritik am Ehegattensplitting reichen aber nicht aus für eine geschlechtergerechte Steuerpolitik. Wir müssen die unzureichende Besteuerung von Vermögen und Vermögenseinkommen fokussieren. Einkommen und Vermögen sind zwischen den Geschlechtern höchst ungleich verteilt. Eine Milliardärssteuer kann steuerliche Vorteile bei hohen Vermögenseinkommen ausbalancieren, von denen Männer überproportional profitieren. Frauen beziehen weniger dieser Einkommen als Männer.
„Wir brauchen eine Mindeststeuer für Superreiche – eine Milliardärssteuer, um die Progression des Steuersystems zu stärken und auch geschlechtsspezifische Benachteiligungen zu bekämpfen.“
Ein ökologischeres und sozialeres Einkommensteuerrecht
Der Abbau umweltschädlicher Subventionen und klimaschädlicher Steuervergünstigungen ist ein zentraler Baustein einer Paris-kompatiblen Finanzpolitik.
Warum ist das so? Klimaschädliche Subventionen fördern Aktivitäten und Industrien, die zur Erderwärmung und zu Umweltschäden beitragen, wie fossile Brennstoffe. Ihr Abbau ist also entscheidend, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen. Umweltschädliche Subventionen konterkarieren also nicht nur den Umwelt- und Klimaschutz, sie befeuern auch die Übernutzung von natürlichen Ressourcen, sie verhindern es, Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien und nachhaltige Technologien zu schaffen und – was mich als Finanzpolitiker besonders interessiert – sie belasten vehement die öffentlichen Kassen. Zudem profitieren einkommensstarke Haushalte überproportional von Subventionen und staatlichen Begünstigungen – wie bei der Entfernungspauschale, die von unten nach oben umverteilt.
Wenn wir das Einkommensteuergesetz gezielt wirtschafts- und klimapolitisch reformieren, dann bringt dies mehrere Milliarden Euro Mehreinnahmen. Diese sollten wir für die Finanzierung einer ressourcenschonenden Wirtschaft und für die Unterstützung der Bürger*innen bei Anpassungsmaßnahmen an unvermeidbare Folgen des Klimawandels verwenden. Wie kann das konkret aussehen?
Klimaschädliche Subventionen und Vergünstigungen abbauen
Ein Beispiel, wie wir mehr Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit im Einkommensteuergesetz verankern können, betrifft den Verkehrssektor. Bezahlbare Mobilität ist eine der größten Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft. Wie die Entfernungspauschale wirkt auch die pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils privat genutzter Dienstwagen als eine klimaschädliche Subvention.
„Die aktuellen steuerlichen Regelungen bremsen einen sozial gerechten Klimaschutz im Pkw-Verkehr aus. Ich möchte, dass eine Absatzförderung für teure Verbrenner nicht weiter von Steuergeldern finanziert wird.“
Dienstwagen sind heute besonders CO₂-intensiv, denn die steuerlichen Regelungen machen die Anschaffung und Nutzung von großen Verbrennern als Dienstwagen steuerlich attraktiv. Es profitieren Haushalte mit hohem Nettoeinkommen sowohl absolut als auch in Relation zu ihrem Einkommen deutlich stärker als Haushalte mit niedrigem Einkommen bei den Regelungen. Eine Mehrheit der Beschäftigten kommt nie in ihrem Arbeitsleben zu dem Vorteil, einen Dienstwagen zu fahren.
Dem Staat entgehen jährlich bis zu 6,1 Milliarden Euro Steuereinnahmen, gleichzeitig entstehen durch mehr Autoverkehr, insbesondere mit Verbrennerfahrzeugen, zusätzliche Folgekosten an Infrastruktur, für Gesundheit und Umwelt.
„Ich möchte, dass wir die eingesparten Gelder für nachhaltige Verkehrsangebote wie ein Mobilitätsbudget für Arbeitnehmer*innen statt Dienstwagen und für ein Soziales Leasing für einkommensschwächere Haushalte einsetzen, das für kleine und günstige E-Autos verfügbar ist.“
Bestehende Subventionen verteuern den Umstieg auf klimagerechtere Alternativen, indem sie den Wettbewerb zugunsten fossiler Strukturen verzerren.
Wie kann die Besteuerung von Dienstwagen gerechter ausgestaltet werden? Wie können wir für einen Hochlauf der Elektromobilität sorgen – unter Beachtung sozialer Härten für Menschen auf dem Land? Hierfür sollte der Umfang der privaten Dienstwagennutzung bei der Besteuerung des Nutzungswerts stärker Berücksichtigung finden, hieraus ergeben sich Lenkungseffekte. Umweltgerechte Alternativen sollten stärker gefördert werden, um sie gegenüber subventionierten fossilen Strukturen wettbewerbsfähig zu machen.
Eine faire Besteuerung von Lohn- und Erwerbsarbeit
Sowohl Steuersystem als auch Sozialstaat haben zuletzt weniger zu der Bekämpfung der Ungleichheit beigetragen als in früheren Jahren. Nach dem Prinzip der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit werden höhere Einkommen prozentual stärker besteuert. Dennoch ist die breite Mitte der Gesellschaft überproportional stark belastet. Die tatsächliche Steuerlast ist für wohlhabendere Personen durch Schlupflöcher und Steuervergünstigungen mitunter allerdings geringer als für Geringverdienende.
„Ich bin überzeugt, dass wir gesellschaftlichen Zusammenhalt und Vertrauen in demokratische Institutionen stärken, indem wir Gewinne und Lasten sozial gerechter verteilen.“
Das bedeutet weniger Vermögenskonzentration am oberen Ende und weniger Prekarisierung am unteren Ende der Einkommens-Hierarchie. Während die Spreizung der Markteinkommen heute ähnlich hoch ist wie früher, ist die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen größer als im Jahr 2010. Eine fortschreitende Verfestigung finanzieller Schieflagen führt auch zu einem Vertrauensverlust gegenüber demokratischen Institutionen. Mittlere und untere Einkommen zu entlasten, ist zudem wirtschaftspolitisch sinnvoll, denn das stärkt das Arbeitsangebot und die langfristige ökonomische Unabhängigkeit.
„Ich möchte, dass wir existenzsichernde Beschäftigung garantieren und langfristig aufrechterhalten, um Abhängigkeit von Transfers zu überwinden und Menschen beim Aufsteigen aus der Aufstocker-Lage unterstützen.“
Einkünfte aus Kapital fairer besteuern
Unser Einkommensteuerrecht ist verteilungspolitisch unausgewogen und auch sehr komplex, wie die unterschiedliche Besteuerung von Einkommen aus Arbeit und Kapital beispielsweise zeigt. Auch Kapitaleinkommen sollten einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten.
„Ich möchte, dass wir die Besteuerung von Kapitaleinkünften ändern, um eine gerechtere Verteilung der Steuerlast zwischen Löhnen und Gehältern auf der einen Seite und Kapitalerträgen auf der anderen Seite zu erreichen.“
Ein effektives Steuersystem schaffen
Ein transparenteres und einfacheres Steuersystem trägt dazu bei, dass alle Steuerzahlenden die Regeln besser verstehen, wir Verwaltungskosten senken und die Compliance erhöhen. Ungleichheiten im Erwerbseinkommen, in den Haushaltseinkommen und im Vermögen sind miteinander verbunden, können sich in einem nicht unerheblichen Ausmaß gegenseitig reproduzieren, wenn nicht sogar verstärken. Das Einkommenssteuer- und Sozialversicherungssystem ist allein nicht in der Lage, die Ungleichheit der (Erwerbs-)Einkommen nachhaltig zu reduzieren und die Erwerbsanreize zu stärken. Für die Förderung von Chancengleichheit für alle Menschen brauchen wir ein umfassendes Grünes Reformkonzept in der Transfer- und Steuerpolitik.
„Unser Steuersystem kann die aktuellen Herausforderungen nicht allein bewältigen, doch es spielt eine zentrale Rolle, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen und die dringend benötigte Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben. Eine Neuausrichtung der Steuerpolitik ist notwendig – für mehr Chancengleichheit, soziale Sicherheit und eine nachhaltige Zukunft.“
Finanzmärkte
Finanzmärkte versorgen unsere Wirtschaft mit dem nötigen Kapital. Vor allem für die grüne Transformation besteht ein hoher Investitionsbedarf. Das Geld dafür beschaffen sich die Unternehmen einerseits über die Kreditfinanzierung durch Banken, aber auch die Eigenkapital- oder Fremdkapitalfinanzierung am Kapitalmarkt spielt eine große Rolle. Gerade für Start-Ups und Scale-Ups ist ein gut funktionierender Kapitalmarkt in allen Finanzierungsphasen essenziell.
Im Bereich der Banken haben wir schon viele Regeln europaweit geeint. Dies bedarf es auch für den Kapitalmarkt. Um mit dem amerikanischen Finanzplatz zu konkurrieren, benötigen wir eine europäische Kapitalmarktunion. Wir müssen Regeln harmonisieren, kleine und mittelständische den Kapitalmarktzugang erleichtern und einheitliche Regeln und Aufsichtsstandard für die Kriterien des nachhaltigen Investierens schaffen. Es darf kein Greenwashing mehr gegeben, es muss einheitliche Bewertungskriterien geben und die Anlageprodukte müssen die Nachhaltigkeitsbewertung transparent offenlegen. Wenn sich Anleger bewusst für nachhaltige Beteiligungen entscheiden, haben die Unternehmen einen Anreiz, ihrerseits die Transformation zu einer sozial-ökologischen Wirtschaftsweise voranzutreiben.
Finanzstabilität
Die Finanzmärkte sind äußerst dynamisch und eng miteinander verknüpft, was zu einer inhärenten Instabilität führt. Dies wurde in den vergangenen 100 Jahren in zahlreichen Krisen deutlich. Die Aufsichtsbehörden sowie nationale und europäische Gesetzgeber tragen wesentlich zur Stabilität des Finanzsektors bei. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir aus den vergangenen Krisen lernen. Ein zentrales Element für Banken in diesem Zusammenhang sind etwa die Basel Verordnungen. Auf nationaler Ebene haben wir ebenfalls verschiedene Instrumente zur Verfügung, um Anforderungen an die Kreditvergabe und Kapitalpuffer für Banken festzulegen. So schaffen wir Stabilität. Wichtig ist, dass wir proaktiv handeln und die Grundlagen für den Einsatz von Kriseninstrumenten in Zeiten schaffen, in denen sie bislang nicht unmittelbar benötigt werden. Denn vergangene Krisen haben gezeigt, dass meist keine Zeit mehr zum Handeln bleibt. Krisen wird es auch in der Zukunft geben. Das liegt in der Natur der zyklischen Phasen und der Dynamik am Kapitalmarkt. Wir müssen aber erreichen, dass durch das Zusammenspiel von Regulatorik und Aufsicht die Bankinstitute geregelt abgewickelt werden können, ohne dass staatliche Garantien, Beteiligungen oder Kredite notwendig werden. Hier gibt es auf europäischer Ebene noch Handlungsbedarf. Das Abwicklungsregime muss dafür glaubhaft sein und auch auf kleine und mittlere Banken ausgeweitet werden. Wir setzten uns außerdem dafür ein, dass wir mit einer Einlagenrückversicherung auf europäischer Ebene die Resilienz stärken und das Vertrauen der Marktteilnehmer erhöhen.
Wir müssen darauf achten, dass die aufsichtsrechtlichen Vorschriften immer an aktuelle Gegebenheiten und Risiken angepasst werden. Dazu gehören unter anderem Risiken, die sich durch den Klimawandel oder durch Kryptowerte ergeben, aber auch die starke Verflechtung von Banken mit großen Vermögensverwaltern, sogenannten Schattenbanken, müssen wir im Auge behalten.
Verbrauchssteuern
Der wesentliche Zweck von Steuern ist die Finanzierung des Haushaltes. Verhaltensänderungen sind aus vielerlei Gründen ein negativer Nebeneffekt. Verbrauchssteuern stellen hier zum Teil eine Ausnahme dar. Der Gesetzgeber erhebt bewusst auf manche Produkte, wie Kraftstoff oder Tabak eine Steuer, um gesundheits- und umweltschädliches Verhalten zu reduzieren.
Die Veränderung von Preisen führt zu Substitutionseffekten. Daher sollten wir darauf achten, dass wir weniger schädliches Verhalten entsprechend weniger stark bepreisen. Gerade bei der Tabak- und Alkoholsteuer sollten wir uns aber auch nicht nur auf den Preiseffekt verlassen. Ebenso wichtig sind hier die Maßnahmen der Regulatorik und Prävention. Zur Steuerfairness gehört auch, dass wir die Verbrauchssteuern regelmäßig evaluieren. Denn Verbrauchssteuern wirken regressiv. Einkommensschwächere Haushalte werden also relativ zu ihrem Einkommen stärker belastet. Dass es auf EU-Ebene zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommt, sollte eine EU-Harmonisierung bei den Verbrauchssteuern eine hohe Priorität haben.
Abgabenordnung
Die Abgabenordnung (AO) bietet die Grundlagen für die Erhebung von Steuern und die Organisation des Steuerrechtssystems. Sie regelt, wie die Besteuerung von natürlichen Personen und Unternehmen erfolgt, wie Steuern erhoben, festgesetzt und verwaltet werden.
Die AO enthält detaillierte Regeln und Verfahren, die die Steuerpflichtigen und die Finanzbehörden einhalten müssen. Dies umfasst die Abgabepflicht, Fristen für Steuererklärungen, Prüfungen, Einspruchsverfahren und rechtliche Schritte. Da die Abgabenordnung auch Sanktionen und Strafen festsetzt, ist sie essenziell für die Durchsetzung der Steuergesetze.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Steuerverwaltungen digitalisiert werden und die Zusammenarbeit der Bundes- und Landesbehörden intensiviert wird. Für die Steuergerechtigkeit ist außerdem notwendig, dass die Außenprüfungen für große Unternehmen planmäßig vollzogen werden. Wir sollten die Erfordernisse und Fristen fortlaufend im Austausch mit den Steuerbehörden und Unternehmen evaluieren, um die Bürokratiebelastung, vorwiegend für kleine und mittelständische Unternehmen, möglichst gering zu halten.