Die Grundsatzdebatte im Bundestag und anhaltende hitzige Diskussionen zur EU-Taxonomie und Klimaneutralität: In in sog. verbundenen Debatten vom 10.-14.1.2022 über einzelne Politikbereiche und die Politik der Bundesregierung thematisieren wir im Bundestag Kernpunkte für ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen in Digitalisierung und Klimaschutz zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in Deutschland und Europa.
+++UPDATE zu diesem Beitrag:
In der Finanz- und Wirtschaftspolitik in Berlin und in Brüssel dreht sich vieles besonders seit Beginn des Jahres 2022 um die EU-Taxonomie. Das engste Beratergremium der EU-Kommission, darunter 57 weltweit führenden Nachhaltigkeitsexpert*innen aus Finanzwirtschaft, Vertreter*innen der Industrie und Umweltgruppen, kritisierte am 24.1.2022 den Vorschlag der EU-Kommission, auch Atom- und Gaskraftwerken ein grünes Label zur Förderung von Technologien, die einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz beitragen, zu ermöglichen.
Die sog. „Plattform für nachhaltige Finanzen“ nimmt zu dem Vorschlag der Kommission Stellung: "Die meisten Beiratsmitglieder sehen ein ernsthaftes Risiko, dass eine nachhaltige Taxonomie untergraben wird“. +++
Ökologisch nachhaltiges Wirtschaften
Zukunftsinvestitionen und ihre Finanzierung fordern die ganze Gesellschaft heraus. Die EU-Taxonomie, das Regelwerk der EU, definiert, ob Unternehmen ökologisch wirtschaften. Sie ist Teil eines umfassenden Wandels zu einer nachhaltigeren Ökonomie, um die Klimawende stärker voranzubringen. Laut Vorschlag der EU-Kommission sollen Atom- und Gaskraftwerke in Europa künftig als nachhaltig gelten.
Für mich ist klar: Die Einstufung von Atomenergie als „nachhaltig“ ist falsch und Deutschland sollte sich dafür einsetzen, dies zu verhindern.
Unsere grüne Haltung gegen das Labeling von Atom als „nachhaltiges Investment“ in der EU-Taxonomie hat “ hat Katharina Beck im Bundestag am 14. Januar 2022 deutlich artikuliert.
Vor uns stehen zentrale finanzpolitische Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben. Eine ambitionierte und machbare Taxonomie innerhalb des „Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ von 2018 ist ein zentrales Transparenzinstrument für die Finanzmarktakteure, um Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu generieren und Investitionen zu klären.
Wie geht es jetzt weiter mit der grünen Taxonomie?
Am 21. Januar 2022 ist die von Kommissionschefin Ursula von der Leyen gesetzte Frist für die EU-Mitgliedsländer zur Frage, ob Atomkraft und fossiles Erdgas als “nachhaltig” gelten soll, abgelaufen.
Der Vorschlag kann noch vom EU-Parlament oder mindestens 20 Mitgliedsländern der EU abgelehnt werden – es ist unklar, ob die erforderlichen Mehrheiten dafür noch gefunden werden könnten.
Laut Recherche der Nachrichtenagentur dpa unterstützen mindestens elf EU-Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, Polen und Ungarn, die Pläne. Nur wenige Länder, etwa Österreich, Spanien und Dänemark, lehnen die geplanten Klassifizierungen ab. Österreich und Luxemburg erwägen sogar, dagegen zu klagen.
Nein zur Atomkraft, Jein zum Gas
Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Bundesumweltministerin Steffi Lemke von Bündnis90/Die Grünen haben als Bundesregierung die Ablehnung zur Einbeziehung von Atomenergie deutlich zum Ausdruck gebracht, sie sei riskant und teuer, außerdem gebe es rechtliche Bedenken. (Quelle: Tagesschau.de, 22.01.2022).
Nachhaltigkeitseinstufung für Atomkraft ist "Greenwashing"
Grüne Europaparlamentarier*innen betonen, dass eine transparente demokratische Debatte über Europas wichtigsten Hebel für die grüne Transformation relevant ist, wenn es darum geht, Geld in die grüne Richtung zu lenken für alle Wirtschaftsbereiche.
Ska Keller, Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament kommentiert: "Die EU-Kommission muss EU-Recht respektieren. Die Einstufung nachhaltiger Finanzprodukte ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Die EU-Kommission riskiert, die Glaubwürdigkeit des Green Deal und die Rolle der EU als führender Marktplatz für nachhaltige Finanzen aufs Spiel zu setzen. Große private Investoren warnen schon, die EU-Taxonomie nicht anzuwenden."(Pressemitteilung, 1.1.2022)
Der umstrittene Aktionsplan der EU-Kommission, an dem jahrelang gefeilt worden ist
In der delegierten Verordnung der EU-Kommission lautet es: "Bei der Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft spielen Nachhaltigkeit und der Übergang zu einer emissionsarmen, ressourcenschonenderen Kreislaufwirtschaft eine entscheidende Rolle. (...) Die EU ist deshalb einer Entwicklung verpflichtet, die den Bedürfnissen der heutigen und künftiger Generationen gerecht wird und gleichzeitig neue Beschäftigungs- und Investitionsmöglichkeiten eröffnet sowie dafür sorgt, dass die Wirtschaft wächst."
Ab 1. Januar 2022 tritt die EU-Taxonomieverordnung in Kraft, aber zunächst nur teilweise. Darin werden für die meisten Branchen genaue Kriterien festgelegt, was „ökologisch nachhaltiges Wirtschaften“ ist. Sie ist ein wichtiges Element des European Green Deal, mit dem die Staatengemeinschaft der EU bis 2050 klimaneutral werden will.
Aber was genau heißt das, auf dem langen Weg zu einer nachhaltigen Finanzwirtschaft und wie bettet sich die Taxonomie ein in andere anstehende Reformen? Mehr erfahren Sie im Statement vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) ist ein Beratungsgremium mit Mandat der Bundesregierung (22. Oktober 2021).