All1erziehend
Nicht jede Familie besteht aus Vater, Mutter und Kind. Unsere Politik muss alle Formen von Familie stärken – egal ob Regenbogen, Patchwork oder Alleinerziehend. Vielfalt ist Realität und verdient Respekt sowie Unterstützung. Das Steuerrecht bietet wichtige Stellschrauben, um diese Gerechtigkeit herzustellen.
Für eine gerechte Unterstützung von allen Familien
Alle Familien verdienen die gleichen Chancen – doch viel zu oft bleibt die Realität hinter diesem Anspruch zurück. Besonders Alleinerziehende, die doppelt so viele Aufgaben im Bereich Erziehung, Hausarbeit und Erwerbsarbeit auf nur einer Schulter tragen, werden immer wieder übersehen oder aktiv ignoriert. Das muss sich ändern!
Rund 1,7 Millionen Alleinerziehende übernehmen in Deutschland allein die volle Verantwortung für Kinder und Haushalt. 82 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen und weit über eine halbe Million von ihnen sind armutsgefährdet. Dabei sind Einelternfamilien keine Randgruppe – jede fünfte Familie gehört dazu. Obwohl Alleinerziehende überdurchschnittlich oft von Armut bedroht sind, fallen gerade diese in der Familienförderung oft durchs Raster. In der Ampel-Koalition habe ich mich stets für eine Steuergutschrift für Alleinerziehende eingesetzt, unsere Koalitionspartner haben das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag immer wieder abgeblockt. An dem Bedarf ändert das nichts. Wir brauchen die volle Anerkennung von Alleinerziehenden und ihren Kindern als gleichberechtigte Familienform.
Lücken in der Unterstützung von Familien
Der Staat entlastet bei der Steuer mit dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende – entsprechend dem progressiven Verlauf des Einkommensteuertarifs – vorrangig gut verdienende Familien. Das ist nicht fair. Je höher das Einkommen, umso höher ist der finanzielle Vorteil. Dabei wäre besonders bei Alleinerziehenden mit kleinen Einkommen eine Unterstützung wichtig.
Das Prinzip ist allerdings nicht neu. Paare mit Kindern müssen in ihrem Alltag neben der Erwerbsarbeit auch deutlich mehr Care-Arbeit unterbringen. Dieser Unterschied wird steuerlich berücksichtigt mit dem Kinderfreibetrag als auch dem Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung. Auch hier werden Familien mit höherem Einkommen stärker entlastet. Die durch die Freibeträge bewirkte Verminderung der Steuerlast ist bei einem Ehepaar mit einem Spitzenverdienst sehr viel höher als bei einem mit mittlerem Einkommen. Familien, die keine direkten Steuern zahlen, also zum Beispiel niedrig verdienende, oft junge Familien, die den Grundfreibetrag nicht übersteigen, aber auch hier erneut alleinerziehende Familien, werden durch den Freibetrag überhaupt nicht entlastet.
Ein Steuerrecht, bei dem niemand durch Raster fällt
Eine Lösung liegt eigentlich auf der Hand und existiert im Falle des Familienleistungsausgleichs auch schon. Dabei werden mit dem Kindergeld vor allem Familien mit niedrigem Einkommen unterstützt. Ein Alleinerziehendengeld könnte nach dem ähnlichen Prinzip alleinerziehende Familien sowohl entlasten und auch fördern: 170 Euro pro Monat für das erste Kind und 40 Euro für jedes weitere Kind unter 18 Jahren. So entlasten wir gezielt dort, wo es am meisten gebraucht wird. Ebenso ausgezahlt von der Familienkasse nach einer Günstigerprüfung wie zwischen Kinderfreibetrag und Kindergeld.
Einen großen Schritt hin zu mehr Fairness haben wir schon gemacht: In den Verhandlungen zum Jahressteuergesetz 2022 konnte ich durchsetzen, dass eine Familie für jedes Kind die gleich hohe Unterstützung bekommt. Gleichzeitig haben wir dem Kindergeld die größte Erhöhung in seiner Geschichte verpasst und eine Unterstützung von 250 Euro pro Kind beschlossen. Zur Vollständigkeit muss an dieser Stelle auch betont werden: Paar-Familien mit hohen Einkommen (ab 80.000 Euro zu versteuernden Einkommen) werden immer noch stärker entlastet als Familien mit niedrigen Einkommen. Mit der Erhöhung des Kinderfreibetrags für das Jahr 2025 beläuft sich die maximale Steuerersparnis durch den Kinderfreibetrag auf 368 Euro im Monat – das sind 118 Euro mehr als das Kindergeld. Folgerichtig wäre also auch, das Kindergeld um mehr als fünf Euro zu erhöhen.
Familien stärken heißt die Zukunft stärken
Es gibt viele gute und wichtige Gründe für eine gute Familienpolitik: Sie fördert wirtschaftliche Stabilität, sichert Fachkräfte und entlastet die Sozialsysteme. Zusätzlich gewährleistet eine zukunftsorientierte Politik für Familien den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine gute Familienpolitik muss sich dabei an solidarischen Zielen orientieren und allen Bevölkerungsgruppen und Familienmodellen gerecht werden! Mit gezielten Reformen im Einkommensteuerrecht können wir hier noch viel mehr erreichen. Wie oben erwähnt müssen wir dafür langfristig die Transferentzugsraten harmonisieren und die Ungerechtigkeit zwischen der Entlastung und Familienförderung durch das Kindergeld und durch Kinderfreibeträge beenden. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die genannte Unterstützung für Alleinerziehende und Trennungsfamilien. Letztlich geht es um mehr als Zahlen und Gesetze: Es geht darum, allen Familien – egal in welcher Lebenslage – eine faire Chance zu geben. Denn das ist nicht nur gerecht, sondern auch unsere Verantwortung als Gesellschaft.
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