2,3 Milliarden Euro
Die Untätigkeit der Bundesregierung kostet uns alle jetzt 2,3 Milliarden Euro! Das Geld stammt aus der nationalen Bankenabgabe. Da seit Ende 2023 der europäische Topf für Bankenrettung gefüllt ist, ist die Verwendung dafür entfallen. Wir wollten, dass das Geld zur Tilgung der Schulden aus der Bankenrettung verwendet wird, stattdessen soll das Geld jetzt zurück an die Banken gehen. Seit Ende 2024 liegt ein fertiger Gesetzentwurf auf dem Tisch. Die Bundesregierung ignoriert die Thematik seit ihrem Antritt. Diese Untätigkeit rächt sich jetzt. Banken haben geklagt – und Recht bekommen.
Umetikettiert statt investiert
Schon bevor der aktuelle Bundestag sich überhaupt konstituiert hat, hat die Union eine 180 Grad Wende beim Thema Schuldenbremse hingelegt. Die „Schwarze Null“ ist der Erkenntnis gewichen, dass die Aufgaben unserer Zeit nicht rein aus dem laufenden Haushalt zu stemmen sind. Neben Ausnahmen für Ausgaben zur Sicherung unserer Verteidigung wurde deswegen die Möglichkeit für ein gigantisches Sondervermögen mit einem Volumen von 500 Mrd. Euro geschaffen. Unser Verhandlungserfolg: Wir haben klargestellt, dass Klimaneutralität als zentrales Ziel des Sondervermögens festgehalten wird und unsere Zustimmung daran gekoppelt, dass das Sondervermögen für zusätzliche Investitionen ausgegeben werden muss.
In den letzten Wochen hat Schwarz-Rot mit ihren Entwürfen für die Bundeshaushalte 2025 und 2026 gezeigt: Abmachungen mit Union und SPD sind nichts wert. Finanzminister Klingbeil schafft es in seiner Rede von Verlässlichkeit zu sprechen und einen Verschiebebahnhof vorzustellen. Statt zusätzliche Zukunftsprojekte zu starten, werden alte Posten umetikettiert und Geld fließt an die, die es am wenigsten brauchen, weil sie ohnehin schon am meisten haben.
Verschiebebahnhof Haushalt
Das Versprechen war klar: on top investieren, nicht ersetzen. Genau das plant Finanzminister Klingbeil aber in seinen Haushaltsentwürfen: Ausgaben, die vorher im Kernhaushalt standen (z. B. Straßen- und Schienenunterhalt), wandern ins Sondervermögen.
Ein Vergleich mit dem Haushaltsentwurf der Ampel für 2025 zeigt: Die Investitionen aus dem Bundeshaushalt ohne das Sondervermögen sind bei Schwarz-Rot deutlich niedriger. Während die Ampel-Regierung laut ifo Investitionen in Höhe von 53,4 Mrd. Euro geplant hatte, plant Schwarz-Rot nur noch Investitionen in Höhe von 37,5 Mrd. Euro, also fast 16 Mrd. Euro weniger.
Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2026 setzt die Entwicklung fort. Für die Sanierung von Autobahnbrücken sollen 2,5 Mrd. Euro aus dem Sondervermögen fließen. Gleichzeitig werden die Investitionen im Kernhaushalt um 1,7 Mrd. Euro gekürzt. Ähnlich sieht es bei der Bahn aus. Aus dem Sondervermögen sollen 18,8 Mrd. Euro für die Deutsche Bahn zur Verfügung gestellt werden, während die Investitionen aus dem Kernhaushalt um 13,7 Mrd. Euro sinken. Unterm Strich zeigt eine Studie des ehemaligen Wirtschaftsweisen Peter Bofinger: Rund 40 Prozent der Ausgaben des Sondervermögens sind nicht zusätzliche, neue Investitionen, sondern ersetzen frühere Kernhaushaltsmittel.
Fossile Ideologie von Schwarz-Rot
Investitionen müssen zukunftsgerichtet sein. Statt klarer Leitplanken finden sich unter den Maßnahmen aber auch einige fossil-nahe Posten. Gleichzeitig kündigt die Wirtschaftsministerin Reiche Kürzungen bei den Förderungen für die Erneuerbaren Energien an. Die Bundesregierung setzt außerdem die – durch ihre Verschiebung von Posten im Haushalt – freigewordenen Milliarden für eine Ausweitung der Entfernungspauschale ein. Die ist nicht nur ökologisch blind, sondern begünstigt wieder vor allem eine Gruppe: Menschen mit hohen Einkommen. Das 2025-Ziel, ineffiziente fossile Subventionen zu beenden, wird gebrochen – zu Lasten günstiger Strompreise, sauberer Luft und eines wettbewerbsfähigen Industriestandorts.
Investitionsstopp in den Kommunen
Ein Sondervermögen mit einem Umfang von 100 Mrd. Euro ist auch für die Länder und Kommunen geplant. Das Problem: Die Maßnahmen der Bundesregierung sorgen dafür, dass den eh schon knappen Kassen der Kommunen noch mehr Geld fehlt. Bis 2029 mindert zum Beispiel der sogenannte Investitionsbooster die Steuereinnahmen der Kommunen um voraussichtlich 13,5 Mrd. Euro. Um die Kommunen zu beruhigen fehlt deswegen unter anderem beim Länder-/Kommunal-Gesetz (LuKIFG) zum Sondervermögen die verbindliche Zusätzlichkeitsklausel für die Investitionen. Das ermöglicht faktisch Substitution: Länder und Kommunen können Sondervermögens-Mittel anstelle eigener Investitionsmittel einsetzen und so – genau wie es der Bund tut – eigene Haushalte freispielen, in denen dann u. a. die Steuermindereinnahmen aus dem Investitionsbooster aufgefangen werden. Genau diese Konstruktion kritisierten auch der Rechnungshof, Bauverbände sowie Umwelt- und Kommunalverbände.
Die Folgen des Investitionsstaus
Es gibt unzählige Beispiele, die verdeutlichen, wie dramatisch die Folgen des Investitionsstaus sind. Von maroden Schulen über den Flickenteppich beim Breitbandausbau bis zu Brückensperrungen wie aktuell im Pegnitztal. Hier hat die Deutsche Bahn den Zugverkehr zeitweise komplett eingestellt. Grund: marode Brücken – deren Zustand seit Jahren bekannt war. Pendler*innen, Schüler*innen, Betriebe: alle betroffen. Gleichzeitig haben Bus-Kürzungen die Lage weiter verschärft. Das ist der Preis von aufschieben, schönrechnen, umetikettieren.
Wenn ein Sondervermögen wirklich Infrastruktur meint, dann müssen als erstes Brücken, Gleise, Schulen und Co. auf Vordermann gebracht werden. Jede nicht sanierte Brücke ist ein zusätzliches Risiko, jeder ausgefallene Zug ein echter Wirtschaftsschaden – und ein verlorener Tag für die Menschen, die zur Arbeit, zur Schule oder zum Arzt wollen.
Und jetzt?
Was die Bundesregierung in ihren Haushaltsentwürfen vorlegt, ist vor allem eines: Ein erneuter Wortbruch. Das Problem: Für eine sogenannte Normenkontrollklage braucht man 25 % der Abgeordneten im Bundestag. Nachdem nicht zu erwarten ist, dass sich Abgeordnete von SPD oder Union dazu entscheiden, eine Normenkontrollklage zu unterstützen, ist dieser Weg aus dem Bundestag aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse ausgeschlossen. Theoretisch könnte auch eine Landesregierung klagen, aber derzeit gibt es kein Bundesland ohne CDU/CSU oder SPD in der Regierung – von dort ist also realistisch keine Klage zu erwarten.
Andere Wege werden von uns Grünen selbstverständlich ebenfalls geprüft. Bis dahin legen wir die Taschenspielertricks der Bundesregierung offen und kämpfen politisch für klare Prioritäten: Das Sondervermögen muss in neue Investitionen fließen. Dafür braucht es klare Ziele, die messbar sind – etwa CO₂-Minderung, Netzausbau-Meilensteine, Sanierungsquote von Bahn & Brücken, Schulen oder Kliniken.