Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, aufgrund des sogenannten Progressionvorbehaltes ergeben sich dennoch häufig Steuernachzahlungen. In meiner Rede erkläre ich, warum man diesen Progressionsvorbehalt auf das Kurzarbeitergeld nicht - wie von den Linken gefordert - aussetzen sollte.
Meine Rede in voller Länge
Der Progressionsvorbehalt
Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld bedeutet, dass das Kurzarbeitergeld zwar steuerfrei ist. Der gezahlte Betrag wird aber zur Ermittlung des Steuersatzes auf das eigentliche Erwerbsarbeitseinkommen herangezogen. Oft ergeben sich dadurch Steuernachzahlungen. Aber auch Steuerrückerstattungen sind möglich. Deshalb sind diejenigen, die in einem Jahr mehr als 410 Kurzarbeitergeld erhalten haben, verpflichtet eine Einkommensteuererklärung abzugeben.
Der Hintergrund des Progressionsvorbehaltes ist das Prinzip der leistungsgerechten Besteuerung. Nach dem Sinn des Gesetzes erhöhen auch steuerfreie Einnahmen wie das Kurzarbeitergeld die Leistungsfähigkeit - weswegen der Steuersatz auf das eigentliche Erwerbseinkommen höher ausfallen muss.
Beispiel: Ein Single (Steuerklasse 1) hat 2021 30.000€ Erwerbseinkommen und 5.000€ steuerfreies Kurzarbeitergeld erhalten. Eigentlich würden für 30.000€ Erwerbseinkommen 16,97% Einkommensteuer fällig. Da das Kurzarbeitergeld dem Progressionsvorbehalt unterliegen, wird aber die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit i.H.v. 35.000€ zur Ermittlung des Steuersatzes herangezogen: 19,03%. Auf die 30,000€ werden also anstatt 5.091€ Einkommensteuer 5.708€ fällig.
Der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. listet einige detaillierte Rechenbeispiele.
Warum wir die Linken-Forderung nicht unterstützen
Die Linken fordern in ihrem Antrag, den Progressionsvorbehalt und die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung für Kurzarbeitergeld für 2020, 2021 und 2022 aus-setzen.
Zugegeben, emotional kann ich das Anliegen nachvollziehen. Natürlich ist es ärgerlich, wenn man zuerst staatliche Hilfe bekommt und dann zeitverzögert über die Einkommensteuer wieder einen Teil zurückzahlen soll, obwohl das Kurzarbeitergeld doch eigentlich steuerfrei ist. Hier könnte der Eindruck einer „gefühlten“ Ungerechtigkeit entstehen.
Der Antrag der Linken würde aus einer "gefühlten" Ungerechtigkeit eine tatsächliche Ungerechtigkeit machen.
- Das Prinzip der leistungsgerechten Besteuerung würde ausgehebelt werden.
- Neue Ungerechtigkeiten würden entstehen, z.B. gegenüber Soloselbstständigen, die ihre Soforthilfe komplett versteuern mussten.
- Die Steuerentlastungen in Höhe von 5 Mrd. € würden nicht zielgerichtet diejenigen entlasten, die Hilfe benötigen.
- Viele Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wären auch weiterhin zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.
Wir sollten stattdessen über Maßnahmen nachdenken, welche die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit einerseits erhalten und andererseits die böse Überraschung einer Steuernachzahlung vermeiden oder minimieren.