Die FDP fordert unter anderem, den Grundfreibetrag zu erhöhen, die Einkommensteuersätze für niedrige und mittlere Einkommen zu senken sowie eine negative Einkommensteuer einzuführen. Gleichzeitig schlägt sie vor, verschiedene Sozialleistungen zusammenzufassen und den Solidaritätszuschlag (Soli) vollständig abzuschaffen.
Auch wenn wir Grüne bei einer Erhöhung des Grundfreibetrags grundsätzlich mitgehen können, sind andere Maßnahmen eher ungeeignet, um Menschen mit niedrigen Einkommen tatsächlich zu entlasten. Die komplette Abschaffung des Soli würde den reichsten 10 Prozent zugutekommen. Außerdem entsteht durch die FDP-Pläne eine große und nicht gegenfinanzierte Lücke im Bundeshaushalt. Genau darauf habe ich in meiner Rede am 30. Januar 2025 im Deutschen Bundestag hingewiesen.
Meine Rede in voller Länge
Zu den Forderungen im FDP-Antrag
Grundfreibetrag erhöhen
Die Erhöhung des Grundfreibetrags wird von vielen Parteien befürwortet, auch von uns Grünen. Damit soll sichergestellt werden, dass Menschen mit geringem Einkommen gar nicht erst Einkommensteuer zahlen müssen und so mehr Geld in der Tasche bleibt.
Senkung der Einkommensteuersätze „insbesondere“ für mittlere und niedrige Einkommen
Auf den ersten Blick klingt es gut, Steuern „insbesondere“ für niedrige und mittlere Einkommen zu senken. In der Praxis profitieren Menschen mit kleineren Einkommen jedoch kaum davon, weil sie entweder gar keine oder nur sehr geringe Steuern zahlen. Wenn jedoch auch hohe Einkommen entlastet werden, haben sie aufgrund der Steuersystematik einen deutlichen Steuervorteil. Und damit wird sehr massiv die Frage aufgeworfen, wie diese Ausfälle gegenfinanziert werden sollen.
Solidaritätszuschlag (Soli)
Die FDP wollte den Soli ursprünglich schrittweise abschaffen und fordert nun einen kompletten Wegfall. Dieses Vorgehen wirkt inkonsistent. Zudem gilt: Wenn wir den Soli ersatzlos streichen, fehlen wichtige Einnahmen für Bereiche wie Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz. Da der Soli nur noch bei den einkommensstärksten 10 Prozent erhoben wird, käme seine Abschaffung in erster Linie denjenigen zugute, die am wenigsten Entlastung benötigen.
Negative Einkommensteuer
Die FDP will eine negative Einkommensteuer einführen, sodass Menschen mit sehr geringem Einkommen nicht nur keine Steuern zahlen, sondern auch Geld vom Staat zurückbekommen. Auch wir Grüne denken in unserem Wahlprogramm in eine ähnliche Richtung, zum Beispiel mit Steuergutschriften für Alleinerziehende oder Menschen mit kleinem Einkommen.
Ein wichtiges Stichwort dabei sind die sogenannten „Transferentzugsraten“: Wer wenig verdient und Sozialleistungen bezieht, hat oft nichts vom zusätzlichen Euro Lohn, weil dadurch andere Leistungen gekürzt werden. Eine klug ausgestaltete negative Einkommensteuer oder Steuergutschrift kann hier helfen.
Problematisch wird es allerdings, wenn im selben Zuge verschiedene Sozialleistungen zu einem Einheitsmodell zusammengefasst und individuelle Bedarfe nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden. Das kann neue Ungerechtigkeiten schaffen.
Steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten
Die Forderung, Betreuungskosten steuerlich besser absetzen zu können, ist im Grunde richtig. Tatsächlich haben wir – damals noch gemeinsam in einer Dreierkoalition – bereits Verbesserungen im Jahressteuergesetz erreicht.
Aber: Allein eine steuerliche Entlastung reicht nicht. Familien benötigen überall qualitativ hochwertige und bezahlbare Betreuungsangebote, um Arbeit, Familie und Alltag unter einen Hut zu bekommen.
Ehrliche Debatte über Sozialabgaben
Es ist verständlich, dass viele Menschen die steigenden Sozialabgaben, zum Beispiel bei den Krankenkassen, kritisieren. Doch wenn wir ernsthaft über mehr Entlastungen sprechen, müssen wir auch klären, wie wir den Staat handlungsfähig halten. Auch hier müssen Vorschläge sinnvoll gegenfinanziert sein.
Sobald aber vorgeschlagen wird, Menschen mit sehr großem Vermögen stärker einzubeziehen, wird plötzlich der Eindruck vermittelt, es sollten alle kleinsparenden Bürger*innen belastet werden. Das ist schlicht falsch. Wer sich mit einem ETF-Sparplan ein kleines Vermögen beispielsweise für die Rente aufbaut, muss keine Belastung befürchten. Es geht vielmehr um jene, die über echte Millionen- und Milliardenwerte verfügen und sich solidarisch stärker an den Kosten beteiligen sollten.
Fazit
Wir Grüne stehen für eine umfassende und gerechte Steuerpolitik, die die Menschen mit geringen und mittleren Einkommen entlastet und dabei gleichzeitig dafür sorgt, dass unser Staat seine Aufgaben für die Gesellschaft erfüllt. Die FDP zeigt – auch mit ihrem Wahlprogramm – dass es ihr vor allem um eine Entlastung der wohlhabendsten Menschen in Deutschland geht. Eine große, nicht gegenfinanzierte Lücke im Haushalt würde zugleich die Zukunftsprojekte unserer Gesellschaft gefährden – etwa in den Bereichen Bildung, sozialer Zusammenhalt und Klimaschutz. Wir Grüne haben dagegen ein Ziel: ein nachhaltiges, gerechtes Deutschland in Frieden und Wohlstand. Darum wird es in wenigen Wochen bei der Wahl gehen.